Kurz vor der Abstimmung am 28. September tauchten zwei ungewöhnliche Zuwendungen im Politik-Transparenz-Tool der Eidgenössischen Finanzkontrolle auf. Dieses listet alle Spenden von Organisationen, Privatpersonen und Unternehmen auf, die mehr als 15’000 Franken betragen.
In den neuen Einträgen vom 24. und 26. September steht: Die Medienkonzerne Ringier und TX Group haben zusammen 163’000 Franken an nicht monetären Zuwendungen für die Allianz Pro E-ID aufgewendet.
Bei dieser Sachleistung handelt es sich um Gratisinserate für das Ja-Lager. Die Pro-Seite durfte online und im Print auf Kanälen wie «20 Minuten», Tagesanzeiger.ch, «Der Bund», Blick.ch oder dem «Beobachter» kostenlos Kampagnenwerbung schalten. Der Nein-Seite stand dieses Angebot nicht zur Verfügung.
Eine Anfrage der Republik bei den Medienhäusern zeigt, warum: Die Unternehmen TX Group und Ringier sind Mitglieder des Wirtschaftsverbands Digitalswitzerland, der stark für die Ja-Seite weibelte. Ringier-CEO Marc Walder warb (wie bereits bei der ersten E-ID-Abstimmung von 2021) sogar persönlich auf Social Media für ein Ja.
TX Group bestätigt, dass sie nur dem Pro-Lager eine Gratisplattform bot. Ringier reagiert zurückhaltender und argumentiert: «Das Gewähren von Rabatten bei politischer Werbung ist gängige Praxis in der Branche.» Die redaktionelle Unabhängigkeit der Ringier-Medien bleibe gewahrt.
Dennoch: Hätte man dem Nein-Komitee denselben Rabatt gewährt? Ringier antwortete, das Nein-Komitee habe gar nicht angefragt, deshalb sei die Frage hypothetisch.
Dass zwei der grössten Medienkonzerne des Landes selbst zu Akteuren in einem Abstimmungskampf werden, ist zwar nicht verboten, aber demokratiepolitisch bedenklich. Noch bedenklicher ist dies vor dem Hintergrund, wie knapp das Ergebnis (50,4 Prozent Ja-Stimmen) ausgefallen ist. Die 30’000-Franken-Spende der Swisscom wirkt fast schon irrelevant angesichts der grossen Werbepräsenz des Ja-Lagers.
Medienwissenschaftler Linards Udris von der Universität Zürich sagt dazu: «Wenn sich ein Medienunternehmen politisch engagiert, sollte es sich umso mehr erklären, warum es das tut. Und warum trotzdem gewährleistet ist, dass die Redaktionen unabhängig berichten können.»
Das Nein-Komitee ist erzürnt. Kampagnenleiterin Monica Amgwerd sagt: «Wenn Medienkonzerne in Abstimmungen selbst zur Partei werden, unterlaufen sie ihre demokratische Funktion.» Die Organisation Mass-voll legte beim Kanton Zürich deswegen eine zweite Abstimmungsbeschwerde ein.
Zuerst erschienen hier.