Es ist ein wegweisendes Urteil: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die sogenannte Kabelaufklärung des Nachrichtendiensts nicht konform sei mit der Bundesverfassung und mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das ist das vorläufige Ergebnis eines langjährigen Verfahrens, das die Digitale Gesellschaft gemeinsam mit Journalistinnen und Anwälten gegen den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) geführt hat.
Bei der Kabelaufklärung fängt der Geheimdienst Daten von Schweizer Telecomkonzernen ab. Spezialisten des Verteidigungsdepartements werten diese in einer zentralen Abhörzentrale in Zimmerwald im Kanton Bern aus und leiten ihre Resultate an den Dienst zurück.
Die Republik hat vor knapp zwei Jahren enthüllt, dass der Nachrichtendienst des Bundes die Versprechen nicht einhält, die er im Abstimmungskampf für das neue Nachrichtendienstgesetz abgegeben hatte. Damals sagten NDB-Vertreter, dass es sich bei der Kabelaufklärung um eine gezielte Massnahme handle, mit der bloss einzelne Personen überwacht würden.
In Wirklichkeit handelt es sich bei der Kabelaufklärung jedoch um eine sehr ineffiziente Nadel-im-Heuhaufen-Methode. Abgefangen werden Millionen unnötiger Daten. Damit gelangen unzählige sogenannte Metadaten zum Staat, etwa die Information, welche IP-Adresse welche Website aufruft.
So sieht das jetzt also auch das Bundesverwaltungsgericht. Es sei nicht gewährleistet, dass der Nachrichtendienst «nur erhebliche und richtige Daten» bearbeite, heisst es in seinem Urteil. Zudem gebe es beim Bund keine Vorkehrungen zum Schutz von journalistischen Quellen und anderer besonders schützenswerter Kommunikation wie jener zwischen Rechtsanwältinnen und Mandanten.
Dieses Urteil ist eine Errungenschaft zum Schutz der Privatsphäre – und für den Informantenschutz von Journalistinnen.
Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Nachrichtendienst jetzt 5 Jahre Zeit, die Praxis der Kabelaufklärung einzustellen, sofern sich deren Mängel nicht beheben lassen. Eine Nadel-im-Heuhaufen-Methode wie die Kabelaufklärung zu begrenzen, käme allerdings der Quadratur des Kreises gleich. Auch deshalb ist noch unklar, ob der Nachrichtendienst das Urteil nicht ans Bundesgericht weiterziehen wird.
Erschienen zuerst im Briefing.
